Anlässlich der Woche der Vielfalt des Oberbürgermeisters Jörg Albrecht war die Heidelberger Sprach- und Bildungsexpertin Havva Engin in Sinsheim. Sie ist an der Pädagogischen Hochschule Professorin für Allgemeine Pädagogik und Leiterin des Heidelberger Zentrums für Migrationsforschung und transkulturelle Pädagogik. Eingeladen war Engin für einen Fachvortrag zum Thema Zweisprachigkeit.
Oberbürgermeister Jörg Albrecht konnte im Sitzungssaal eine Runde Sinsheimer Fachkompetenz begrüßen. Neben Erzieherinnen und Schulsozialarbeiterinnen waren mehrere zweisprachige Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit unter den Teilnehmenden. Albrecht dankte den Anwesenden in gewohnt persönlicher Art für ihr außergewöhnliches Engagement.
Engin kam ohne lange Vorrede gleich zur Sache. Noch vor kurzer Zeit wurde Zweisprachigkeit von vielen Bildungsexperten als Belastung für die Bildungsbiographie angesehen. Experten weisen heute darauf hin, dass Zwei- und Mehrsprachigkeit weltweit eine Normalität darstellt, Einsprachigkeit sei ein Sonderfall. Engin bezeichnet Zweisprachigkeit heute, wie die meisten Fachleute, als „Ressource, die es zu nutzen gilt“. In ihrem Vortrag ging es um pädagogische Ansätze, wie diese Ressource zu erschießen sei.
Den Weg in die Woche der Vielfalt fand das Thema, weil gerade Spätaussiedler und Russlanddeutsche immer wieder über Probleme mit der Zweisprachigkeit berichteten. Mal wird der eigene russische Akzent als Menetekel empfunden, mal befürchtet man, die Kinder mit der Zweisprachigkeit unnötig zu belasten. Engins Ansatz ist ein ganz anderer. Sie sagt, Familiensprache ist grundsätzlich gut, weil sie Sprachstruktur und Sprechkultur aufbaue. Eltern müssen mit der Familiensprache als Erziehungspartner in Kindergarten und Schule auf gleicher Augenhöhe einbezogen werden.
Über das Wie machten sich die Teilnehmenden Sinsheimer pädagogischen Fachkräfte anschließend in zwei Thementischen Gedanken. Den Thementisch zum Thema Frühkindliche Sprachentwicklung leitete Stefanie Auer, die Fachberaterin im Projekt „Sprach-KiTa. Über das Projekt ist Auer bereits in gutem Kontakt mit den ausführenden Kindergärten und weiß, welche Unterstützung sie für die optimale Förderung der Kinder benötigen. Ganz bewusst werden alle Kinder im Förderkonzept beachtet, die Einsprachigen wie die Zweisprachigen. Denn Integration in Sinsheim bedeutet, dass alle davon profitieren sollen.
Die Gesprächsrunde zum Thema Sprachförderung in der Grundschule und darüber hinaus leitete Hana Klages. Klages ist Projektleiterin bei “Deutsch für den Schulstart“. Das Projekt wird von Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie an der Universität Heidelberg in Kooperation mit Schulen in der Region durchgeführt. Wie Engin betonte auch Klages die soziale Komponente des Sprachenlernens. „So lange man nicht über die Biografie eines Menschen weiß, wird der Deutschkurs alleine nichts nutzen“ fasste Klages diese Überlegungen zusammen. Bei der Sinsheimer Expertenrunde und den Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit rennen Fachleute mit solchen Thesen offene Türen ein. „Die Expertise zum Thema ist hier bereits weit entwickelt,“ stellte Engin mit Genugtuung fest.
Die städtische Integrationsbeauftragte Inge Baumgärtner hatte den Abend initiiert und organisiert. Von den Teilnehmenden erhielt sie gleich eine ganze Liste, wie man an dem Thema weiterarbeiten könnte. Denn darüber sind Sinsheims pädagogische Fachkräften einer Meinung: Fachwissen ist nur so gut wie seine ständige Weiterentwicklung.
Quelle: Stadt Sinsheim